Mittwoch, März 07, 2007

Kennzeichnungspflicht, vierter Versuch

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus haben am 31. Januar einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte im geschlossenen Einsatz eingeführt werden soll (Drucksache 16/225). Das ist nach 1988, 1999 und 2003 ihr vierter Versuch. Eigentlich sind außer der CDU alle dafür, aber entweder möchte man die Ängste der PolizistInnen ernstnehmen (und seien sie noch so irrational), klappt's nicht mit dem Koalitionspartner oder kollidiert mit dem Dereguliererselbstverständnis (siehe Debatte zur 1. Lesung).

Die Berliner Staatsanwaltschaft exerziert schon einmal vor, wie sie zu verfahren denkt, sollte die Kennzeichnungspflicht eingeführt werden. Wie die junge Welt berichtet, hat sie knapp eineinhalb Jahren das Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen einen Zivilpolizisten eingestellt, der bei einer Demonstration gegen den Zapfenstreich anlässlich von 50 Jahren Bundeswehr wie von Sinnen auf DemonstrationsteilnehmerInnen einprügelte und zum Teil schwer verletzte.

Sein Pech: Seine Prügelorgie wurde unter anderem vom Internetfernsehmagazin interpool.tv dokumentiert. Anders als in den üblichen Fällen, in denen die uniformierten oder anderweitig anonymisierten Beamten unerkannt bleiben, konnte der Zivilpolizist namhaft gemacht werden.

In der Einstellungsverfügung macht die Staatsanwaltschaft aus dem Beamten ein hypersensibles Nervenbündel. Das Geschehen sei turbulent gewesen, so dass sich der Beschuldigte kein zutreffendes Bild von der Sachlage habe machen können. Die Geräuschkulisse sei zu hoch und die Beleuchtung nur mäßig gewesen. Daher habe sich der Beschuldigte im Ergebnis nicht wegen Körperverletzung strafbar gemacht.

Dabei nimmt die Staatsanwaltschaft eine Kennzeichnung ganz anderer Art vor. Der beschuldigte Beamte firmiert in der Verfügung unter der Codiernummer 33755. Diese dient nicht der Identifizierung, sondern deren Gegenteil.

Nachtrag:
Anlässlich der Ablehnung der letzten Gesetzesinitiative von 2003 im September 2005 (!) hatte der akj-berlin bereits in der Presse Stellung genommen >>

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