Durch den Regen, durch Marzahn
Beobachtung der Silvio-Meier-Demo am 21. November 2015
Am Samstag, den 21. November 2015, fand erstmals in Berlin Marzahn die alljährliche antifaschistische Silvio-Meier-Demo statt. Wie schon in den letzten Jahren führten die Kritischen Jurist*innen FU und der arbeitskreis kritische juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin mit 19 Beobachter*innen eine Demonstrationsbeobachtung durch. Die Demonstration begann am S-Bahnhof Marzahn, ging dann durch den Kiez auf die Raoul-Wallenberg-Straße und endete planmäßig am S-Bahnhof Mehrower Allee. Kurze Zwischenkundgebungen fanden an Orten statt, an denen Menschen von Nazis getötet wurden, sowie vor den Häusern ortsaktiver Rechtsradikaler, die regelmäßig gegen Refugees und alternative Strukturen mobil machen.Am Versammlungsort vor dem Einkaufscenter „Eastgate“ fanden stichprobenweise aufwändige Vorkontrollen statt, die dafür sorgten, dass sich die Menschen bis auf den Bahnsteig zurückstauten, wo sie eng gedrängt standen. Es ist dem besonnenen Verhalten der Demoteilnehmer*innen zu verdanken, dass dabei niemand auf die Gleise geriet oder anders verunfallte. Andere Fahrgäste mussten wegen der gesperrten Treppenaufgängen teilweise erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen. Eine Gruppe von ca. 10 Personen blieb im Fahrstuhl stecken. Im Verlauf der Vorkontrollen wurden von uns fünf Identitätsfeststellungen wegen vermeintlicher Verstöße gegen das Versammlungsgesetz dokumentiert. Soweit nachvollziehbar, konnten die zwischenzeitlich in Gewahrsam genommenen Personen nach Abschluss der Polizeimaßnahmen an der weiteren Demonstration teilnehmen.
Während sich die Teilnehmer*innen am Versammlungsort einfanden, wurden mindestens fünf Beamt*innen in Zivil beobachtet, die sich ungekennzeichnet und entgegen § 12 VersG unangemeldet unter die Versammlung mischten und auch später noch im Aufzug angetroffen wurden.
Die Demonstration setzte sich um 16:15 Uhr in Bewegung und lief zügig, lautstark und selbstbewusst in überwiegend strömendem Regen bei einsetzender Dunkelheit durch den Kiez. Vereinzelt kam auch Pyrotechnik zum Einsatz.
Schon bei Beginn des Aufzugs begleiteten starke Polizeiketten den Demonstrationszug beidseitig, was wegen des engen Straßenverlaufs an vielen Stellen die Versammlung stark einengte. Das bedrängende Spalierlaufen an der Demospitze führte dazu, dass die Seitentransparente nicht gelesen werden konnten und die Versammlung insgesamt abschreckend wirkte, womit gegenüber den an den Fenstern und auf den Balkonen zahlreich interessiert schauenden Bewohner*innen ungerechtfertigt eine Gefährlichkeit der Versammlung suggeriert wurde.
Zudem führte die Polizei umfangreiche Videoaufnahmen durch. Dabei wurden scheinbar anlasslos Einzelpersonen abgefilmt, aber zeitweise auch große Teile des Demonstrationzugs, obwohl von den Teilnehmer*innen weder erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen (§§ 19a, 12a VersG bzw. § 1 VersAufn/AufzG BE). Soweit diese Maßnahme mit Verstößen gegen das Vermummungsverbot begründet wurde, muss bemerkt werden, dass die Teilnehmer*innen auch aus den Fenstern und von den Balkonen umfangreich durch Private gefilmt wurden und Gefahr bestand, von rechten AkteurInnenen aufgenommen zu werden.
Gegen 18:20 Uhr endete die Demonstration vor dem S-Bahnhof Mehrower Allee ohne weitere Zwischenfälle; lediglich eine Festnahme wurde noch dokumentiert.
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