ABM fürs BKA bleibt vorerst
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat den Haftbefehl gegen Andrej H aufgehoben, wie sich einer heute veröffentlichten BGH-Pressmitteilung entnehmen lässt (Beschluss vom 18.10.07, Aktenzeichen: StB 34/07).
Die Bundesanwaltschaft (BAW) führt gegen promovierten Soziologen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Am 1. August 2007 hatte der Ermittlungsrichter beim BGH Haftbefehl gegen ihn erlassen, weil der Beschuldigte sich mitgliedschaftlich an der "militanten gruppe" (mg) beteiligt haben soll, der die Strafverfolgungsbehörden eine Serie von Brandanschlägen zurechnen. Mit Beschluss vom 22. August 2007 hat der Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, worauf Andrej H. aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist. Gegen diesen Beschluss hat die BAW Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde hat der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat nunmehr zurückgewiesen und gleichzeitig den Haftbefehl aufgehoben. Nach seiner Ansicht belegten die bisherigen Ermittlungen zwar die Einbindung des Beschuldigten in die linksextremistische Berliner Szene, seine Mitwirkung bei der Veröffentlichung der letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift radikal und auch seine - konspirativ angelegten - Kontakte zu zumindest einem der Mitbeschuldigten, die verdächtigt werden, als Mitglied der "mg" am 31. Juli 2007 an einem versuchten Brandanschlag auf drei Bundeswehr-Fahrzeuge beteiligt gewesen zu sein. All dies begründe zwar den Anfangsverdacht, dass Andrej H. selbst dieser Gruppierung angehöre, weshalb gegen ihn zu Recht ermittelt werde. Jedoch darf nach § 112 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung ein Haftbefehl nur dann erlassen werden, wenn der Beschuldigten einer Straftat dringend verdächtig ist. Dies ist nur der Fall, wenn die große Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Beschuldigter die ihm vorgeworfene Tat tatsächlich begangen habe und deswegen verurteilt werden wird. Eine solche Wahrscheinlichkeit könne im Fall von Andrej H zur Zeit nicht bejaht werden. Denn die in den bisherigen Ermittlungen aufgedeckten Indizien sprächen nicht hinreichend deutlich für eine mitgliedschaftliche Einbindung des Beschuldigten in die "militante gruppe", sondern lassen sich ebenso gut in anderer Weise interpretieren.
Da der Haftbefehl schon aus diesem Grund aufgehoben wurde, hat der 3. Strafsenat die Frage unbeantwortet gelassen, ob es sich bei der "militanten gruppe" tatsächlich um eine terroristische Vereinigung nach den Maßstäben des § 129a Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuches handelt. (Siehe dazu diesen älteren Blogeintrag)
Das ist - höflich ausgedrückt - enttäuschend. Denn für die drei weiteren, immer noch in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten ist die Frage durchaus relevant. Denn bei einem §-129a-Vorwurf ist Untersuchungshaft auch dann zulässig, wenn eigentlich kein Haftgrund im Sinne des § 112 Abs. 2 StPO (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) besteht (§112 Abs. 3 StPO). Ginge es "nur" um den Vorwurf der Sachbeschädigung oder einer "einfachen" Brandstiftung, hätten auch sie gute Chancen, freizukommen, da wegen Job, Kinder, fester Beziehungen vieles gegen das Vorliegen von Fluchtgefahr spricht.
Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 154/2007 via LawBlog
Die Bundesanwaltschaft (BAW) führt gegen promovierten Soziologen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Am 1. August 2007 hatte der Ermittlungsrichter beim BGH Haftbefehl gegen ihn erlassen, weil der Beschuldigte sich mitgliedschaftlich an der "militanten gruppe" (mg) beteiligt haben soll, der die Strafverfolgungsbehörden eine Serie von Brandanschlägen zurechnen. Mit Beschluss vom 22. August 2007 hat der Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, worauf Andrej H. aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist. Gegen diesen Beschluss hat die BAW Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde hat der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat nunmehr zurückgewiesen und gleichzeitig den Haftbefehl aufgehoben. Nach seiner Ansicht belegten die bisherigen Ermittlungen zwar die Einbindung des Beschuldigten in die linksextremistische Berliner Szene, seine Mitwirkung bei der Veröffentlichung der letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift radikal und auch seine - konspirativ angelegten - Kontakte zu zumindest einem der Mitbeschuldigten, die verdächtigt werden, als Mitglied der "mg" am 31. Juli 2007 an einem versuchten Brandanschlag auf drei Bundeswehr-Fahrzeuge beteiligt gewesen zu sein. All dies begründe zwar den Anfangsverdacht, dass Andrej H. selbst dieser Gruppierung angehöre, weshalb gegen ihn zu Recht ermittelt werde. Jedoch darf nach § 112 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung ein Haftbefehl nur dann erlassen werden, wenn der Beschuldigten einer Straftat dringend verdächtig ist. Dies ist nur der Fall, wenn die große Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Beschuldigter die ihm vorgeworfene Tat tatsächlich begangen habe und deswegen verurteilt werden wird. Eine solche Wahrscheinlichkeit könne im Fall von Andrej H zur Zeit nicht bejaht werden. Denn die in den bisherigen Ermittlungen aufgedeckten Indizien sprächen nicht hinreichend deutlich für eine mitgliedschaftliche Einbindung des Beschuldigten in die "militante gruppe", sondern lassen sich ebenso gut in anderer Weise interpretieren.
Da der Haftbefehl schon aus diesem Grund aufgehoben wurde, hat der 3. Strafsenat die Frage unbeantwortet gelassen, ob es sich bei der "militanten gruppe" tatsächlich um eine terroristische Vereinigung nach den Maßstäben des § 129a Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuches handelt. (Siehe dazu diesen älteren Blogeintrag)
Das ist - höflich ausgedrückt - enttäuschend. Denn für die drei weiteren, immer noch in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten ist die Frage durchaus relevant. Denn bei einem §-129a-Vorwurf ist Untersuchungshaft auch dann zulässig, wenn eigentlich kein Haftgrund im Sinne des § 112 Abs. 2 StPO (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) besteht (§112 Abs. 3 StPO). Ginge es "nur" um den Vorwurf der Sachbeschädigung oder einer "einfachen" Brandstiftung, hätten auch sie gute Chancen, freizukommen, da wegen Job, Kinder, fester Beziehungen vieles gegen das Vorliegen von Fluchtgefahr spricht.
Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 154/2007 via LawBlog
Labels: Urteilsschelte
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