Polizeieinsatz gegen Blockupy-Protest für rechtswidrig erklärt
Ein vom akj unterstützter Demonstrant von Blockupy 2012 gewinnt Klage beim VG Frankfurt a.M. gegen Ingewahrsamnahme
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 25.11.2013 sämtliche polizeilichen Handlungen gegen ein Mitglied des akj-berlin für rechtswidrig erklärt, der sich an den Protesten des Blockupy-Bündnisses in Frankfurt im Mai 2012 beteiligen wollte, der aber noch im Bus von der Autobahn weggeleitet und zunächst nach Eschborn verbracht, dort in Gewahrsam genommen und anschließend auf die Gefangenensammelstelle nach Frankfurt verbracht wurde. Insgesam 5,5 Stunden wurde dem Kläger so die Freiheit entzogen. Zuvor war er und die übrigen Busreisenden mehrfahr durchsucht und deren Identität überprüft worden, es wurden Lichtbilder gefertigt und persönliche Gegenstände beschlagnahmt.- das freischüßler berichtete: »Demo-Tage in Frankfurt – Aus dem Gedächtnis eines Teilnehmers«
- grundsätzlich zu den Ereignissen Cilip 101-102 (Nr. 1/2012): »Frankfurt im Ausnahmezustand? – Staatliche Reaktionen auf die Blockupy-Proteste«
Nachdem bereits in einem Parallelverfahren das großflächige Aufenthaltsverbot für Frankfurt am Main nachträglich als unverhältnismäßig, damit rechtswidrig festgestellt und dieses Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, sei der (alleinige) Grund für die Ingewahrsamnahme des Klägers durch die Polizei weggefallen. Damit sei auch die Freiheitsentziehung insgesamt rechtswidrig geworden, so Verwaltungsrichter Liebetanz in seiner Urteilsbegründung. Die Polizei hatte ihre Maßnahmen nämlich damit begründet, die Ingewahrsamnahme der Protestierenden diene zur Durchsetzung des Platzverweises (aus der Frankfurter Innenstadt). Die nachträgliche Behauptung der Behörde, die Maßnahmen seien unerlässlich gewesen, um eine unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 HSOG), ließ das Gericht nicht gelten. Hierzu fehle es schon an einem substantiierten Vortrag der Polizei, dass der Kläger beabsichtigt habe, konkrete Straftaten zu begehen. Auch habe die Polizei in allen Einsatzdokumenten nicht auf diesen Aspekt der Gefahrenabwehr abgestellt; dieser könne also "keine entscheidende Rolle gespielt" haben:
»Selbst wenn man sich auf den Standpunkt der Behörde stellt – was das Gericht nicht für gerechtfertigt hält –, wonach die Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes und die Verhinderung von Straftaten als gleichberechtigte Belange der Ingewahrsamnahme zugrunde lagen, ist diese Maßnahme ermessensfehlerhaft, wenn einer der wesentlichen Belange, nämlich die Durchsetzung des Aufenthaltsverbots, wegfällt. Denn die damals handelnden Beamten haben damit in ihre Ermessenserwägung Gesichtspunkte eingestellt, die sie nicht hätten einstellen dürfen.«Weil die Ingewahrsamnahme rechtswidrig war, seien auch die in diesem Zusammenhang getroffenen polizeilichen Begleitmaßnahmen rechtswidrig gewesen. Das Gericht gab der Fortsetzungsfeststellungsklage daher vollumfänglich statt und legte die Kosten des Verfahrens dem Land Hessen zur Last. Als Feststellungsinteresse, das für die Zulässigkeit der nachträglich erhobenen Klage wesentlich ist, attestierte das Verwaltungsgericht rechtliche und ideelle Beweggründe: »sowohl unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr als auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation.«
Stefanie Richter vom akj-berlin erklärt dazu: »Es ist höchste Zeit, dass hier ein hessisches Verwaltungsgericht das Selbstverständliche festgestellt hat: Dass nämlich die Polizei sich nicht einfach durch rechtswidrige Zwangsmaßnahmen eine Rechtsgrundlage für ihre permanenten Grundrechtseingriffe selbst schaffen darf – frei nach dem Motto: 'Wird schon nicht die Falschen treffen.' Die Schmach von Frankfurt lässt sich damit indes nicht wettmachen, solange der Polizeistaat auch im nacheilenden Rechtsstaat das Unrecht exekutieren kann.«
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