Freitag, November 07, 2014

JVA-Leitung Tegel behindert gewerkschaftliche Tätigkeit

JVA-Leitung Tegel verhindert Workshop-Teilnahme und Interview mit inhaftiertem Gewerkschafter

Pressemitteilung des akj-berlin vom 7. November 2014


Herrn Mehmet Aykol, Rechtsreferent und Protokollführer der neu gegründeten „Gefangenengewerkschaft“ (GG/BO), wird die Teilnahme als Referent bei den 3. Berliner Gefangenentagen an der Humboldt-Universität zu Berlin durch die Justiz­vollzugsanstalt Tegel nicht ermöglicht. Selbst das wiederholte Ersuchen, den Inhaf­tierten zu interviewen, wird durch die Anstaltsleitung ignoriert. Bis heute, einen Tag vor Veranstaltung, war die JVA-Leitung bzw. ihr Pressesprecher nicht in der Lage, in der Sache eine Entscheidung zu treffen und diese mitzuteilen.

Der akj-berlin (arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin) veranstaltet am Samstag den 8. November 2014 einen Workshop zu dem Thema „Koalitionsfreiheit hin­ter Gittern – Arbeit und gewerkschaftliche Organisation unter den Bedingungen des Strafvollzugs“. Die­ser Workshop ist Teil der 3. Berliner Gefangenentage unter dem Titel: „Knast ist Knast? Vollzugsgrund­sätze – mehr als eine Absichtserklärung!“, die vom Arbeitskreis Strafvollzug der Vereinigung Berliner Strafverteidiger und des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) in Kooperation mit dem akj-berlin vom 7.–8. November 2014 an der Humboldt-Universität zu Berlin organisiert werden.


In Vorbereitung des Workshops ersuchte Herr Aykol bei der JVA-Leitung um Ausgang. Diese teilte ihm mit, dass an betreffendem Wochenende kein begleiteter Ausgang erfolgen werde. Eine nähere Begrün­dung oder Erklärung, warum dies nicht möglich sei, wurde nicht gegeben. Daraufhin bat der akj-berlin bei der Leitung, dem Teilanstaltsleiter und der Pressestelle schriftlich um die Möglichkeit eines Be­suchs zum Zwecke eines Interviews. Seither wurde immer wieder und anhaltend versucht, die JVA in der Sache wenigstens telefonisch zu sprechen. Verantwortlich sei der Pressesprecher Herr Hoffmann, heißt es dort. Dieser ist jedoch dauerhaft nicht erreichbar.
Stefanie Richter, Pressesprecherin des akj-berlin stellt fest: „Die Entscheidung wird schlicht ausgesessen – wie so vieles im Strafvollzug. Und das zu Lasten der Grundrechte von Gefangenen und dem Informati­onsanspruch der Öffentlichkeit.“
Ziel des Workshops sollte es sein, Vertreter der neu gegründeten „Gefangenengewerkschaft“ (GG) mit Ju­rist_innen aus dem Arbeits-, Europa- und Vollzugsrecht sowie Vertreter_innen von Gewerkschaften und Freien Trägern der Gefangenen- und Bewährungshilfe ins Gespräch zu bringen.
„Ganz offensichtlich passt der JVA dieses Gespräch nicht,“ vermutet Richter: „Anders ist es kaum zu er­klären, dass dort alles daran gesetzt wird, die Teilnahme von Herrn Aykol zu verhindern. Damit wird letzt­lich nicht nur er der Möglichkeit einer Meinungsäußerung beraubt, sondern auch die gesamte Gefange­nengewerkschaft, für die er sprechen sollte.“
Wir kritisieren mit Nachdruck diese Art und Weise der JVA, mit den Rechten von Inhaftierten umzugehen und fordern die JVA zu einer Stellungnahme in der Sache auf!

Zum weiteren Hintergrund der Gefangenentage:

Die Berliner Gefangenentage wurden von dem gemeinsamen Arbeitskreis Strafvollzug ins Leben gerufen, um aus rechtlicher Perspektive die Anliegen von Menschen in die Öffentlichkeit zu tragen, die dies auf­grund ihrer Freiheitsbeschränkung nicht selbst tun können oder aber in der medialen Wahrnehmung über keine eigene Lobby verfügen. Zugleich sollen Rechtsanwält_innen durch die Vermittlung von fachlichen Kompetenzen im Vollzugsrecht für das Rechtsgebiet interessiert und qualifiziert sowie mit Menschen in Kontakt gebracht werden, die in verschiedenen Funktionen mit dem Vollzugsrecht und der Vollzugsreali­tät konfrontiert sind. Als Referent_innen treten daher neben Rechtsanwält_innen und Richter_innen auch Hochschullehrer_innen, Psycholog_innen, Sozialarbeiter_innen, Politiker_innen, Justizangestellte und (ehemalige) Gefangene auf. Die Gefangenentage verfolgen damit das Ziel, die verschiedenen Perspekti­ven auf Gefängnis und Resozialisierung sowie die normative Ausformung des Vollzugssystems durch die daran Beteiligten oder davon Betroffenen zur Sprache und miteinander ins Gespräch zu bringen sowie rechtspolitische Konsequenzen zu ziehen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die vielfach festgestellte Diskrepanz zwischen Vollzugsrecht und Vollzugspraxis sowie die mangelnden Möglichkeiten zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen in den Justizanstalten gelegt.

Die Fachtagung richtet sich an Studierende, Rechtsanwält_innen, Sozialarbeiter_innen und rechtspolitisch Interessierte. Sie findet in den Räumen der Juristischen Fakultät der Humboldt-Uni­versität zu Berlin (Un­ter den Linden 9/ Bebelplatz 1) sowie im Auditorium des Jacob-und-Wilhelm-Grim­m-Zentrum (Ge­schwister-Scholl-Straße 1/3) statt.

Das Programm der Veranstaltung findet sich hier >>

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