Eins zu eins Betreuung durch die Polizei
Beobachtung der Silvio-Meier-Demo am 22. November 2014
Am Samstag, 22.11.2014, fand in Berlin
Friedrichshain und Kreuzberg die alljährliche antifaschistische
Silvio-Meier-Demo statt. Wie schon in den letzten Jahren führte der
akj-berlin mit 18 Beobachter_innen eine Demonstrationsbeobachtung
durch. Die Demonstration begann am U-Bahnhof Samariter Straße, ging
dann durch den Friedrichshainer Kiez auf der Warschauer Straße nach
Kreuzberg, wo sie am Lausitzer Platz von den Veranstalter_innen
vorzeitig beendet wurde.
Aufgrund der erfolgreichen Blockaden,
die am selber Nachmittag in Marzahn gegen eine
rassistische Demonstration stattfanden, waren besonders viele
Polizeikräfte in Berlin zusammengezogen worden. Unter anderem
Beamt_innen aus Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg sowie Einheiten
der Bundespolizei. Nach Polizeiangaben waren im Laufe des Tages 1.700
Beamt_innen im Einsatz, von denen ein Großteil auch bei der
Silvio-Meier-Demo zugegen war. Dieses massive Polizeiaufgebot mit
Spalierlaufen führte dazu, dass insbesondere zum Ende der
Demonstration Anliegen und Botschaften der Demonstrierenden nicht
mehr wahrnehmbar waren. Das Polizeiaufgebot stand in keinem
Verhältnis zum Verlauf der Demonstration und trug zu Situationen
bei, die für alle Beteiligten gefährlich waren.
Die Demonstration begann, nachdem
zahlreiche Teilnehmer_innen, die aus Marzahn zurückgekommen waren,
hinzustießen, mit einiger Verspätung gegen 19:15 Uhr. Lautstark,
kraftvoll und entschlossen zog sie mit ca. 1.200 Teilnehmer_innen los,
denen sich im Laufe der Demo noch weitere anschlossen. Sie wurde mit
Leuchtfeuer und -raketen von den umliegenden Dächern begrüßt. Auch aus dem Demozug heraus wurde
Pyrotechnik gezündet. Zu diesem Zeitpunkt begleitete die Polizei den
Zug lediglich an der Spitze und am Ende.
Dies änderte sich am Bersarinplatz,
als links und rechts der Demospitze Einheiten der Bundes- und
Berliner Polizei mit ca. 150 behelmten Beamt_innen dicht an den
Transparenten Spalier liefen. Wiederholt wurde in die Demonstration
hinein gefilmt. Insbesondere das Verhalten der Bundespolizei war
durch Aggressivität geprägt. Hier kam es zu den ersten zwei
Festnahmen aus der Versammlung, die die Polizei mit Verstößen gegen
das Vermummungsverbot rechtfertigte. Ob dieser Vorwurf angesichts der
niedrigen Temperaturen und des einsetzenden Regens trägt, lässt
sich schwer beurteilen.
Ab der Warschauer Straße verstärkten
sich die Polizeiketten und liefen sowohl rechts und links vom als
auch mitten im Demonstrationszug. Besonders brenzlig wurde die Situation
auf der Oberbaumbrücke, als die Polizei zunächst Transparente
entriss, überraschend aus nächster Nähe Pfefferspray einsetzte und
später auch Festnahmen durchführte. Es entstand eine
unübersichtliche und gedrängten Situation, die Teilnehmer_innen
wegen der fehlenden Ausweichmöglichkeit erheblich gefährdete.
Auf der Kreuzberger Seite standen
weitere Hundertschaften aus Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein
bereit, die kein klares Einsatzkonzept zu verfolgen schienen, sondern
kreuz und quer durch den Demonstrationszug rannten. Dies führte zu
der absurden Situation, dass die Anzahl der eingesetzten Beamt_innen
die der Teilnehmer_innen fast überstieg. Damit war ein grundsätzlich „staatsfreies“ (BVerfGE69, 315, Rn. 65) und selbstbestimmtes Demonstrieren unmöglich. So
wurde die Demonstration vorzeitig am Lausitzer Platz von den
Veranstalter_innen beendet. Insgesamt wurden fünf Festnahmen und zwei Identitätsfeststellungen beobachtet.
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