Donnerstag, November 30, 2006

US-Supreme Court verhandelt über CO2-Grenzwerte

Der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika verhandelt nach siebenjähriger Prozessgeschichte die Klage von 15 Bundesstaaten sowie einer Vielzahl von Umweltverbänden gegen die Umweltbundesbehörde EPA, die sich seit Jahren weigert, Grenzwerte für CO2- und Treibhausgas-Belastungen zu erlassen. Die Kläger argumentieren, dass allein der Autoverkehr ein Viertel der Schadstoffemissionen des Landes ausmache. Der sogennannte Clean Air Act schreibt Grenzwerte für alles vor, das Gesundheit und Wohlbefinden der Allgemeinheit gefährden könnte. Dazu gehöre auch das Wetter und das Klima argumentieren die Kläger. Wie der Prozessvertreter des Staates Massachusetts, James Milkey, erklärte, geht es bei dem Prozess darum, "dass die EPA ihrer Verantwortung nach geltendem Recht nachkommt, Treibhausgase als Schadstoffe definiert und reguliert. Man muss nicht lange nach der Rechtsgrundlage dafür suchen, die die EPA angeblich nicht hat." Weiteres bei Tagesschau.de

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Mittwoch, November 29, 2006

Erneut Angriff auf Streikende in Oaxaca

Tote, Verletzte und Verschwundene sind erneut das Ergebnis eines Angriffs der Polizei auf Demonstranten im Bundesstaat Oaxaca. Der Zapatistenführer Marcos warnt vor einem Bürgerkrieg. Mindestens drei tote Demonstranten, etliche Verletzte, Verhaftete und Verschwundene sind die traurige Bilanz der schweren Auseinandersetzung im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca vom Wochenende. Die Volksbewegung hat ihr Ziel, den Rücktritt des umstrittenen Gouverneurs und den Abzug der Bundestruppen durchzusetzen, nicht erreicht. Ulises Ruíz trat seit Monaten erstmals wieder öffentlich in der Stadt auf und sprach von einer "Normalisierung". Angesichts der Übergabe der Präsidentschaft an Felipe Calderón am Freitag warnt der Zapatistenführer Marcos vor "einem großen Aufstand oder einem Bürgerkrieg". Reporter ohne Grenzen haben Mexiko nun zum zweigefährlichsten Land der Welt für Journalisten erklärt. Dazu der Artikel von Ralf Streck auf telepolis.

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Sonntag, November 26, 2006

Kramer erstattet Anzeige gegen Knastleitung

Der langjährige Vorsitzende und Mitbegründer des Forum Justizgeschichte e.V., Dr. Helmut Kramer, hat Anzeige gegen den Anstaltsleiter der JVA Siegburg, Bernhard Lorenz , und gegen weitere Verantwortliche erstattet, die möglicherweise die Tötung eines Gefangene durch ihre Nachlässigkeit bzw. durch Leichtsinnigkeit unterstützt haben. Der ehemalige Strafrichter am OLG Braunschweig wirft der Anstaltsleitung insbesondere vor, dass sie eine für drei Personen zugelassene Zelle der Jugendstrafanstalt mit vier Personen belegt habe, wovon ein Gefangener als exessiver Gewalttäter bekannten gewesen sei.

In der Nacht zum 16. November 2006 hatten Mitgefangene einen 20jährigen Zellengenossen über 12 Stunden lang gefoltert und ihn zur Vortäuschung eines Selbstmordes mehrfach erhängt. Er hatte lediglich eine halbjährige Gefängnisstrafe wegen Diebstahls abzusitzen. Die drei Mitgefangenen saßen hingegen wegen Gewaltdelikten ein. Die Staatsanwaltschaft hatte zwar bereits zuvor ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, nachdem ein Bonner Strafrechtsprofessors Strafanzeige gestellt hatte. Da jedoch in der Anzeige keine Namen genannt wurden, war zunächst nicht gegen bestimmte Mitarbeiter der Haftanstalt ermittelt worden.

Wie Kramer gegenüber der freischüßler-Redaktion erklärte, habe er für den Fall eines Prozesses angeregt, strafmildernd anzuerkennen, dass die Beamten unter hohem Druck standen und die wahren Straftäter in den Strafvollzugsämtern zu suchen seien. Nach wiederholten Sparrunden im Justizvollzug sei es inzwischen durchaus üblich geworden, die Gefangenen an Wochenenden bis zu 21 Stunden ohne Beaufsichtigung mit ihrem Essen einzuschließen. Für erforderliche Betreuung und Überwachung fehle schon längst das Personal. So heißt es in dem Anzeigeschreiben u.a.:
"Es ist schon erwägenswert, ob eine solche üble Behandlung nicht über die massive seelische Beeinträchtigung hinaus wegen der somatischen Auswirkungen in eine Körperverletzung umschlagen kann. In jedem Fall war voraussehbar, daß diese Maßnahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur allgemein zu einer Zunahme des den Verantwortlichen - auch im Justizministerium! - bekannten Gewaltpotentials führen, sondern auch konkret Gewalttaten unter den Gefangenen nach Anzahl und Ausmaß befördern würde."
Vor diesem Hintergrund erscheine es besonders dramatisch, dass in der Förderalismusreform die Zuständigkeit für den Strafvollzug ausgerechnet an die Länder geraten sei, so Kramer.

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Demobeobachtung des akj-berlin am 25.11.06

Anlässlich der von verschiedenen Antifa-Gruppen am 25. November 2006 durchgeführten alljährlichen Demonstration zum Gedenken an den 1992 von Neonazis ermordeten Hausbesetzer Silvio Meier führte der arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin (akj-berlin) eine Demonstrationsbeobachtung durch. Nachdem es im letzten Jahr nach Beschränkungen der Demonstrationsroute zu Auseinandersetzungen und Übergriffen der Polizei kam, war es unser Ziel, als von Polizei und VeranstalterInnen unabhängige BeobachterInnen den Demonstrationsverlauf zu dokumentieren.

E
inzelne Auflagen der Polizei sind aus Sicht des akj-berlin zu kritisieren: Das Verbot, Seitentransparente von mehr als 1,5 Meter Länge zu verwenden, behindert unverhältnismäßig die Möglichkeit, inhaltliche Positionen darzustellen. Auch sehen wir in Schuhen mit Stahlkappen eher einen Bestandteil eines subkulturellen Kleidungsstils als eine verbotene passive Bewaffnung. Unabhängig von der Berechtigung der Auflagen verhielt sich die Polizei bei deren Durchsetzung weitgehend zurückhaltend. Auch insgesamt war das polizeiliche Vorgehen im Großen und Ganzen maßvoll. So wurden beispielsweise TeilnehmerInnen mit Glasflaschen überwiegend von BeamtInnen des Anti-Konflikt -Teams höflich auf das Flaschenverbot hingewiesen.

P
ositiv hervorzuheben ist auch, dass sich – anders als im Vorjahr – Wasserwerfer und Räumfahrzeuge nicht in Sichtweite der Demonstration befanden. Desweiteren verzichtete die Polizei überwiegend darauf, am Rande der Versammlung im geschlossenen Spalier mitzulaufen. Erfahrungsgemäß haben solche Maßnahmen eine konfrontative Wirkung und vermitteln Außenstehenden, dass von der Demonstration Gewalttätigkeiten ausgehen werden. Dies schränkt die Möglichkeit der kollektiven Meinungskundgabe erheblich ein, weil dadurch die Bevölkerung kaum die Möglichkeit hat, Inhalte der Demonstration wahrzunehmen.

Vereinzelt gab es polizeiliche Videotrupps, für deren Aufzeichnungen der Anlass nicht ersichtlich war. Zu kritisieren bleibt weiterhin das Verhalten einzelner Beamter gegenüber DemonstrantInnen. So zog ein Polizist in der Sophienstraße einen Demonstranten nach einer verbalen Auseinandersetzung von hinten grob an den Haaren. In der Wönnichstraße griff ein Polizeibeamter einen neben ihm laufenden Demonstranten ohne Anlass körperlich an. Dass es auch anders geht, bewiesen Beamte, die sich auch im geschlossenen Einsatz für Drängeleien bei den Betroffenen entschuldigten.
Stefanie Richter, Sprecherin des akj-berlin, stellt jedoch klar: „Grundsätzlich bleibt der akj-berlin bei der Forderung nach einer individuellen Kennzeichnung von BeamtInnen im geschlossenen Einsatz, um die Transparenz des polizeilichen Handelns und den Rechtsschutz bei Übergriffen zu ermöglichen.“

Im Verlauf der Demonstration dokumentierten wir sechs vorübergehende
Festnahmen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, darunter auch wegen Vermummung. Hierbei ist zu erwähnen, dass der Demonstrationszug von mutmaßlichen Angehörigen der rechten Szene aus Wohnungen heraus beschimpft, fotografiert und gefilmt wurde. Derartige Aufnahmen werden in rechten Internetforen veröffentlicht. Dabei wird zu Gewalt gegen die Abgebildeten aufgerufen, weswegen sich insbesondere in der Weitlingstraße DemonstrantInnen zum eigenen Schutz vermummten. Nach Beendigung der Versammlung umstellten Beamte den Lautsprecherwagen der Veranstaltungsleitung. Zwei RednerInnen wurde vorgeworfen, durch Redebeiträge und Slogans gegen Strafgesetze verstoßen zu haben; sie wurden jedoch nicht mehr angetroffen.
Stefanie Richter zieht folgendes Fazit: „Im Gegensatz zu den Vorfällen im letzten Jahr war der Polizeieinsatz bei der Sylvio-Meier-Demonstration aus unserer Sicht weitgehend korrekt.“

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Freitag, November 24, 2006

Studientag zur feministischen Rechtswissenschaft

Studientag am 24. November 2006
Raum 103, Unter den Linden 11 (Gouverneurshaus), Raum 214, Unter den Linden 9 (Altes Palais), Raum 139a, Bebelplatz 1 (Kommode)

Am 24. November werden die Autor/innen des Studienbuches einen Studientag "Geschlecht im Recht - Einführung in die Legal Gender Studies" an der Humboldt-Universität zu Berlin anbieten. Es wird sechs Workshops geben, von denen jeweils zwei parallel angeboten werden.

Workshops Block I, 10.00 bis 12.00 Uhr:
  • Betroffene von Frauenhandel - zwischen Frauenrechten und Migrations- und Sicherheitspolitik | Petra Follmar-Otto, Deutsches Institut für Menschenrechte
  • Antisdiskriminierungsrecht in der Praxis: Herausforderungen bei der Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes | Doris Liebscher, Antidiskriminierungsbüro Leipzig; Michael Wrase, Humboldt-Universität zu Berlin
Workshops Block II, 13.30 bis 15.30 Uhr:
  • Tötung des Familientyrannen - eine Urteilsanalyse | Friederike Wapler, Georg-August-Universität Göttingen; Bärbel Sachs, Rechtsanwältin, Berlin
  • special:Privilegientest mit Mitarbeiterinnen des Antidiskriminierungsbüros Leipzig
  • Pornographie - Gewalt oder Kommunikation? | Anja Schmidt, Universität Leipzig; Ulrike Lembke, Universität Greifswald
Workshops Block III, 16.00 bis 18.00 Uhr:
  • Race, Geschlecht und Recht | Lena Foljanty, Universität Greifswald; Doris Liebscher, Antidiskriminierungsbüro Leipzig
  • special: Privilegientest mit Mitarbeiterinnen des Antidiskriminierungsbüros Leipzig
  • Wie Hund und Katz´? Zum Missverhältnis zwischen Recht und Feminismus | Annegret Künzel, Universität Erlangen-Nürnberg; Maria Wersig, Deutscher Bundestag
Weitere Infos: www.feministisches-studienbuch.de

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Erkenntnisgewinn

Bei der akj-Semesterfahrt tauchte nach der Konfrontation mit einem gefährlichen Wildtier die Frage auf, ob Schwäne eigentlich essbar respektive genießbar sind. Offensichtlich doch.

Obwohl ... in der "Schweinemensa" heißt es ja auch immer: "Der Hunger treibt's rein".

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Donnerstag, November 23, 2006

Landgericht Verden kippt Freispruch wegen Vermummung zum Schutz vor Anti-Antifa

Das Landgericht Verden hat einen Bremer Antifaschisten zu einer Geldstrafe von 100 Euro verurteilt, weil er sich auf auf einer Antifa-Demo in Rotenburg (Wümme) Mitte März 2004 nicht von Nazis fotografieren lassen wollte. Der Angeklagte hatte sich mit Schal und Mütze verhüllt, so dass nur noch ein schmaler Ausschnitt seines Gesichts zu sehen war.
Zuvor war der 31-jährige noch vom Amtsgericht Rotenburg (Wümme) vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (§ 27 Abs. 2) freigesprochen worden. In seinem Urteil vom 12. Juli 2005 (Aktenzeichen: 7 Cs 9/05, veröffentlicht in StraFo 2005, S. 478) stellte das Gericht fest, dass er sich nicht während der gesamten Demonstration gegen die NPD-Kundgebung vermummt hatte, sondern nur dann, wenn es zu direkten Aktionen gegen die Faschisten – an denen der Angeklagte selbst nicht teilgenommen hatte – kam oder diese Fotos von den Gegendemonstranten machten.
Da auf Internetseiten der rechten Szene zum Teil ausdrücklich zur Ausübung von Gewalt gegen die porträtierten Personen aus dem antifaschistischen Spektrum aufgerufen würde, habe der Angeklagte ein berechtigtes Interesse daran, seine Identität vor NPD-Mitgliedern und SympathisantInnen der rechten Szene zu verheimlichen. Eine Identitätsfeststellung durch die Polizei sei aber nicht behindert worden, da auf den Bild- und Videoaufnahmen der Polizei immer wieder das volle Gesicht des Angeklagten zu sehen gewesen sei. Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung:
"Zweck dieser Vorschrift ist die Verhinderung der Feststellung der Identität durch die Strafverfolgungsbehörden (...). Solange ein Angeklagter jedoch mit seiner Aufmachung die Anfertigung von Lichtbildern von gewaltbereiten Mitgliedern der rechten Szene erschweren bzw. vereiteln will, liegt damit eine Verhinderung der Feststellung der Identität durch die Strafverfolgungsbehörden nicht vor und war subjektiv vom Angeklagten auch nicht beabsichtigt."
Das Amtsgericht Rothenburg (W.) hatte sich mit diesem Urteil übrigens einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 21.04.05 (256 Cs 974/04, StraFo 2005, 477) angeschlossen, das ebenfalls einen Teilnehmer an einer antifaschistischen Gegendemo freisprach, der sich zum Schutz vor Anti-Antifa-Fotografen vermummt hatte. (Beide Urteile werden in „Die Rote Hilfe“ 2/06 ausführlich behandelt.)
D
as Landgericht schloss sich dagegen der Überzeugung der Staatsanwaltschaft an, wonach der Angeklagte sich nicht wegen der Nazis einen Schal vor das Gesicht zog, sondern um der Identifizierung durch die Polizei zu entgehen. Damit habe er gegen das Vermummungsverbot verstoßen. Der Verteidiger des Bremers, Jan Sürig will jetzt Revision beim Oberlandesgericht Celle einlegen. Er wirft dem Landgericht vor, das Versammlungsgesetz nicht verstanden zu haben.
"Strafbar ist nur, wenn man sich der Identitätsfeststellung durch die Polizei entzieht."
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, hätte dies nach Meinung des Verteidigers "fatale Auswirkungen". "Das bedeutet, dass Polizisten Demonstranten die Tücher vom Gesicht reißen müssen, damit die Nazis ihre Fotoalben füllen können."
Quelle: "taz" Nord vom 21.11.06

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Mittwoch, November 22, 2006

Bundespräsi bemüht Marx und Tucholsky zur Rettung der GEZ-Gebühren

Anlässlich des Festakts zum 50. Jubiläum der Selbstkontrollbehörde "Deutscher Presserat", der über ethische und fachliche Standarts im Journalismus wachen soll, wandte sich Bundespräsident Horst Köhler in seiner Ansprache anfang der Woche gegen die Verfachung der Medien und die Dominaz der Werbeträger, die zunehmend auch auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen versuchen. Dabei bemühte er bemerkenswerte Kapazitäten, um insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien auf Linie zu bringen:

" [...] Ist es nicht doch auch etwas ganz Besonderes, Zeitung machen zu dürfen? Ich finde, als Journalisten und Verleger sollten Sie das hüten und bewahren, was den Ihrer Arbeit ausmacht und weshalb sie unter dem Schutz des Grundgesetzes steht. Ich selbst bin in dieser Frage konservativ. Deshalb neige ich zu Karl Marx. Der hat gesagt: 'Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein.' Übrigens: Kommerzielle Zwänge müssen nicht zwangsläufig zu Qualitätseinbußen führen. Erst als im 19. Jahrhundert neuem schnelle Druckmaschinen zur Verfügung standen und die Industrie mit Hilfe der Werbung Massengüter unter die Verbraucher bringen wollte, konnten sich die Zeitungen von den sie bis dahin prägenden parteipolitischen Bindungen lösen und lernen, Massen anzusprechen was nur gelang, indem man eine unparteiische Sprache fand: die moderne Nachrichtensprache eben.

[...]

Noch etwas: Gute Journalisten sollten sich nicht den Schneid abkaufen lassen von schnellen Journalisten. 'Wer im Flachen badet, kann nicht untergehen.' Diese Sottise wird dem langjährigen RTL-Chef Helmut Thoma zugeschrieben. Die Folgen dieses Geschäftsprinzips bekommt fast jeder Journalist in Deutschland zu spüren. In der Tat kann einem mulmig werden, der einst wegen Tucholsky und der Weltbühne Journalist wurde und sich heute als Kollege von schriffen Gestalten wieder findet, die die Welt für ihre Bühne halten. Niemand hat die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und schon gar nicht die Printmedien gezwungen, Stilmittel des Privatfernsehens zu übernehmen. Dennoch haben sie es getan, und sie tun es bis heute. [...]"

Und dank Heribert Prantl wissen wir nun auch, was dieser kluge Marx-Spruch für unsere Grundrechtsdogmatik bedeutet (SZ vom 22.11.06): Denn in der Tat sei die Herstellung einer Zeitung etwas anderes als die Herstellung von Tapeten oder Plastikfolien; "und die Produktion von Rundfunk- und Fernsehsendungen ist etwas anderes als die Produktion von Joghurt oder Stanzmaschinen. Medienunternehmen dürfen und sollen zwar Gewinn machen, aber wenn sie an nichts anderem interessiert sind als daran, dann wackelt die Pressefreiheit. Für die Herstellung von Tapeten, Plastikfolien, Joghurts und Stanzmaschinen gibt es nämlich keine speziellen Garantien, kein eigenes Grundrecht. Wenn also Medienfreiheit missbraucht wird, um Schleichwerbung zu machen, wenn es eine Tendenz gibt, sie auf die Freiheit zu grundrechtsgeschützter Geldvermehrung zu reduzieren, dann wird es immer schwerer werden, sie als besonders wichtig zu verteidigen weil sich dann die Pressefreiheit nicht mehr von der allgemeinen Gewerbefreiheit unterscheidet. Wenn das Grundrecht nicht mehr von innen glänzt, dann hilft es nichts mehr, wenn das Bundesverfassungsgericht ab und an mit dem Glanzspray hantiert." Genau das wird aber vom BVerfG erwartet, das heute zum Fall der Durchsuchung der Redaktionsräume des Potsdamer Politmagazins Cicero verhandelt hat (siehe Pressemitteilung des BVerfG >>).

Bereits im Vorfeld hatte sich Berichterstatter Wolfgang Hoffmann-Riem gegen die zunehmende Ökonomisierung der Medien gewandt, denn die Achtung des Staates vor der Freiheit der Medien setze auch Selbstachtung der Medien voraus. Daran fehle es aber, "wenn Medien von ihren Managern immer mehr als ökonomische Güter wie andere auch behandelt und vorrangig oder gar allein am Ertragsinteresse ausgerichtet" werden. Ob also langfristig der Jura-Zeitung "Freischuss" (mensch beachte den Namensklau des C.F.Müller-Verlags) und die Bildzeitung wegen offensichtlicher Vorrangigkeit ökonomischer Interessen aus dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgenommen werden, bleibt abzuwarten.

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Hilfe: akj-berlin sucht dringend DemobeobachterInnen

Für die Beobachtung der Silvio-Meyer-Demo am kommenden Samstag, den 25. November 2006, ab 14.00 Uhr werden noch dringend DemobeobachterInnen gesucht. InteressentInnen melden sich bitte über akj@akj-berlin.de

Das Konzept der Demobeobachtung findet ihr hier >>

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VG Berlin: Innensenat muss keine Klarnamen von Polizeibeamten im Strafprozess nennen

beck-online macht christian s. zum nazi

Der Antifaschist Christian S. ist mit seinem Versuch vor dem VG gescheitert, die Senatsinnenverwaltung zu verpflichten, dem Strafgericht die tatsächlichen Namen der als Zeugen in seinem Strafprozess aussagenden Polizeibeamten einer Sondereinsatztruppe (Politisch motivierte Straßengewalt - PMS) zu benennen sowie deren unmaskiertes Auftreten im Prozess zu erzwingen. Das Kuriose an der nachfolgenden Darstellung von beck.online ist jedoch, dass sie den wegen seiner antifaschistischen Aktionen Angeklagten zum NPD-Anhänger erklärt haben:

"Der zum Umfeld der NPD zählende Christian S., der unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung nach einem NPD-Aufzug angeklagt worden ist, ist mit seiner Klage gescheitert, das Land Berlin zu verpflichten, die Klarnamen dreier in dem Strafprozess gegen ihn aussagender Polizeibeamter einer Spezialeinheit zu benennen. Die Preisgabe der Identitäten würde diese Beamten gefährden und überdies ihren Einsatzwert verringern, begründete das Verwaltungsgericht Berlin seine Entscheidung. Gleichzeitig entschied die Erste Kammer in dem am 16.11.2006 veröffentlichten Urteil, dass die Senatsverwaltung für Inneres nicht befugt sei, das Strafgericht anzuweisen, eine Verfremdung der Zeugen zu gestatten (Urteil vom 25.10.2006, Az.: VG 1 A 245.05).

Christian S. wurde vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen gemeinschaftlichen schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegenVollstreckungsbeamte angeklagt. Er soll während einer Gegendemonstration zu einem NPD-Aufzug in Dresden eine leere Bierflasche auf Polizeibeamte geworfen haben. In der Anklageschrift wurden als einzige Zeugen drei Polizeibeamte benannt. An Stelle der Klarnamen und der ladungsfähigen Anschriften der Zeugen wurde jeweils lediglich eine Codierungsnummer benannt. Mit Sperrerklärung vom 16.11.2005 lehnte es die Senatsverwaltung für Inneres gegenüber dem Amtsgericht in entsprechender Anwendung des § 96 StPO ab, die Identität der Polizeibeamten offen zu legen. Außerdem wurde das Gericht angewiesen, es den Zeugen zu gestatten, ihr Äußeres in der Hauptverhandlung zu verfremden. Zur Begründung wurde ausgeführt,die Bekanntgabe der Identität würde dem Land Berlin Nachteile bringen. DieAufklärung
gewisser schwerer Straftaten sei nur durch den Einsatz polizeilicher spezialeinheiten möglich. Die Preisgabe der Identität der Beamten dieser Spezialeinheiten würde diese Beamten gefährden und überdies ihren Einsatzwert verringern.

Polizeinamen dürfen geheim bleiben

Die vom Kläger daraufhin vor dem Verwaltungsgericht gegen die Sperrerklärung geführte Klage hatte nur teilweise Erfolg. Die Erste Kammer des VG Berlin entschied, dass die verweigerte Offenlegung der wahren Identität der Polizeibeamten von § 96 StPO gedeckt sei. Zutreffend habe der zuständige Innensenat Nachteile für das Wohl des Landes bei Offenbarung der Identität der Polizeibeamten angenommen. Er habe dabei sowohl auf drohende persönliche Nachteile für die Beamten als auch auf Nachteile für die weitere Verwendung abstellen dürfen. Hinter diese öffentlichen Belange müssten im vorliegenden Fall die lediglich gering beeinträchtigten Verteidigungsrechte des Klägers zurücktreten, so das VG weiter.

VG hebt Anweisung zur Verfremdung auf

Dagegen hat das Verwaltungsgericht die Anweisung an das Amtsgericht Tiergarten, es den Zeugen zu gestatten, sich in der Hauptverhandlung zu verfremden, aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Rechtsgrundlage für eine derartige Anordnung gegenüber dem Amtsgericht Tiergarten gebe es nicht. Insbesondere könne § 96 StPO eine derartige Anordnung nicht tragen. Auch komme eine Umdeutung dieses Teils der
Sperrerklärung in eine Beschränkung der Aussagegenehmigung nicht in Betracht."

beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 17. November 2006.

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Dienstag, November 21, 2006

Ich habe nichts gegen Klassenjustiz...

...ich habe nur etwas gegen die Klasse, die sie betreibt.
K. Tucholsky