Donnerstag, Oktober 28, 2010

Wie ist die Rechtslage?

Quelle: Der Polizeipräsident in Berlin - Pressestelle - (Link)
Pressemeldung
Eingabe: 27.10.2010 - 18:25 Uhr

Verwechslung mit Folgen – Fehlentlassung aus dem Polizeigewahrsam

# 3405

Weil die vorgeschriebenen Abläufe nicht beachtet wurden, entließ ein Polizeiangestellter gestern Nachmittag versehentlich einen Ladendieb aus dem Polizeigewahrsam am Tempelhofer Damm. Statt eines 23-Jährigen, der nach richterlicher Vorführung wieder auf „freien Fuß“ gesetzt werden sollte, entließ der Angestellte gegen 16 Uhr den in der Nachbarzelle untergebrachten 29-Jährigen. Dieser ließ sich nichts anmerken, nahm die Armbanduhr seines „Nachbarn“ gerne an und unterschrieb in dessen Namen die Entlassungspapiere. Als der Fehler 10 Minuten später auffiel, war der Kleinkriminelle bereits über alle Berge.
(Hervorhebungen durch die Red.)

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Dienstag, Oktober 26, 2010

(Nicht-mehr-) Soldaten in den Knast!

Manchmal quasseln wir nicht nur, sondern entwickeln Lösungswege für gesellschaftliche Probleme konsequent zu Ende:

Die derzeit diskutierte Aussetzung/Abschaffung der Wehrpflicht fordert Antworten auf bisher kaum bedachte Folgewirkungen. Neben den doppelten Abitur-Jahrgängen könnte es zu einem bisher ungeahnten Anstieg der Studienanfänger_innen-Zahlen kommen, wenn neben den Hochschulen das zweite Arbeitsmarktstatistikentlastungsreservoir ausfällt. Das "ehemalige Nachrichtenmagazin" (Fefe) stabreimt nicht nur von der "Studenten-Springflut" sondern spricht auch von der "Studentenschwemme". Bisher war eine solche wenig höfliche Vernaturkatastrophisierung nur im Zusammenhang mit Asylbewerber_innen bekannt. Die Kultusminister_innen-Konferenz (KMK) hat weise vorausschauend schon den Staatssekretär_innen-Ausschuss beauftragt, "nach Wegen zu suchen, wie das Problem gemeistert werden könne". Yeah, Kaffee und Schnittchen in rauen Mengen (aber keine Fettflecke auf die Tischvorlagen machen!). Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz bettelt um mehr Geld mahnt die flexible Handhabung des Hochschulpaktes an: Es müssten dessen Mittel früher fließen als bisher vorgesehen.

Der Hausfrauenbund, ähm das "DHB - Netzwerk Haushalt / Berufsverband der Haushaltsführenden", hat bislang noch nicht protestiert. Obwohl der doch befürchten müsste, dass die Rotzlöffel jetzt noch länger bei Mutti auf der Couch rumlümmeln und sich der geschlechtergerechteren Beteiligung an der Hausarbeit mit der Ausrede entziehen, nie die Chance gehabt zu haben, beim Bund zu lernen, wie man ein Hemd auf die Größe eines DIN-A4-Blattes zusammenlegt oder sein Bett macht, ohne dass da auch nur eine Falte im Laken oder der Bettdecke ist.

Wir haben daher folgenden Vorschlag entwickelt: Um den Hochschulen die nicht verkraftbare Belastung zu ersparen, kommen alle Jetzt-nicht-mehr-Wehrpflichtigen für ein Jahr vorsorglich in den Knast, "Vorwegvollzug" des Jugendarrestes sozusagen. Wenn sie später einmal Mist bauen, wird das eine Jahr auf die Strafe angerechnet.

P.S.: Der Vorschlag ist noch nicht bis zum Ende ausgereift. Nicht bedacht haben wir, was im Falle einer Geldstrafe passiert oder wenn die Betroffenen unbescholten bleiben. Aber da könnte ja das eine Jahr in ein Guthaben umgerechnet werden, z. B. 365 mal die Haftentschädigung nach § 7 Abs. 3 StrEG (derzeit 25 Euro/Tag), das von der Geldstrafe abgezogen wird. Wer straffrei lebt, bekommt im Erlebensfalle den Betrag bei der Rente gutgeschrieben, möglicherweise an die Haftentschädigungssätze angepasst ("Dynamisierung"). Keine Angst, liebe Rentenversicherungsträger, das wird nicht so kompliziert, die Sätze werden nicht so häufig angepasst, im Durchschnitt alle 19 Jahre.

Die Idee hätte auch nicht zu vernachlässigende beschäftigungspolitische Effekte. Da die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur aufgrund richterlicher Entscheidung möglich ist (Art. 104 Abs. 2 GG), müssten die Planstellen für das richterliche Personal - maßvoll - erhöht werden. Die Aufgabe, die erforderlichen Inhaftierungsanträge zu stellen, könnte Rechtspfleger_innen oder Amtsanwält_innen übertragen werden, so dass es zusätzlicher Stellen für Staatsanwält_innen nicht bedarf. Vielleicht kann eine interministerielle Arbeitsgruppe der KMK und der Justizminister_innen-Konferenz mal ausrechen, ob dieses Modell für die Länderhaushalte kostengünstiger ist als eine Erhöhung der Hochschulmittel, gerade in Zeiten der "Schuldenbremse"!

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Doppelpässe in der Assoziationskette

Telefon-Flatrate sei Dank pflegen zwei Personen aus dem akj des öfteren einen ausgedehnten Gedankenaustausch. Stundenlang quatschen und keiner hört mit (vielleicht doch, vgl. Art. 10 Abs. 2 GG iVm G-10-Gesetz).

Gelegentlich wird der angeregte Dialog nur von Zwischenfragen wie "Wo war ich?" oder "Wie sind wir eigentlich darauf gekommen?" unterbrochen. So wie neulich.

Da haben wir am Ende festgestellt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland und die Republick Österreich einträchtig die Domain bundeskanzler.eu teilen (Beweis).

Vom Pfad der Tugend stringenter Gesprächsführung abgekommen waren wir am Punkt rechtspolitische Personalnachrichten ("Klatsch und Tratsch"), als es darum ging, dass die HU-Professorin Susanne Baer als Bundesverfassungsrichterin für den 1. Senat im Gespräch ist. Wir schwankten zwischen Mitleid für Frau Baer und Häme für einige Herren der Mannschaft. Dabei gleich mal nach der Mit-Nominierten Ute Sackofsky gesuchmaschint, deren Namen mir irgendwie bekannt vorkam, doch woher nochmal, verdammt?. Weiter gemäß dem Gedächtnisprotokoll:

Ich: ... Stimmt, die war Landesanwältin beim Hessischen Staatsgerichtshof. Die war entgegen der Ansicht des Gerichts der Meinung, Studiengebühren und Kopftuchverbot sind verfassungswidrig.

Er: Landesanwältin? Ist das dasselbe wie der aus der VwGO, der dings, wie heißt der nochmal?, Vertreter des öffentlichen Interesses.

Ich: *klugscheiß* Nee, so heißen die aus den Ländern. Du meinst den, ähem ... *URL tipp* ... ich hab's: Vertreter des Bundesinteresses. *abschweif* Hähäha, da war'n die wohl zu langsam mit der Domain-Reservierung: Anstelle vbi.de haben die 'ne .eu-Adresse.

Er: "Wieso zu langsam? Die haben doch jetzt alle ne .eu-Domain.

Ich: Neee.

Er: Bestimmt. Guck mal unter bundeskanzler.eu!

Ich: Niemals! Dann gibt's Krieg mit Österreich. *Wieder URL tipp* Isnichwahr! *Laut vorlesend:*
"Herzlich willkommen!

Sie haben die Domain bundeskanzler.eu aufgerufen.

Dies ist eine gemeinsame Startseite der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland.

Zur Internetseite des österreichischen Bundeskanzlers: Klicken Sie bitte hier.

Wenn Sie zu den Seiten der deutschen Bundeskanzlerin wollen, klicken Sie bitte hier."

Staatsfeindlicher Buchhandel in einem besonders schweren Fall

Ich weiß nicht mehr, wo ich es gelesen habe. Aber es war ein Beispiel dafür, wie sehr die Polizei unter den Sparmaßnahmen des SPD-Linke-Senats leiden muss. So gehören zu den Ordnungsaufgaben des Polizeipräsidenten in Berlin die presserechtlichen Ordnungsaufgaben (Nr. 23 Abs. 3 ZustKat Ord), also z. B. über die Einhaltung der Impressumpflicht (§ 7 PresseG) zu wachen. Das Problem nur: Die Behörde hat kein Geld dafür, allein nur die Tageszeitungen zu abonnieren, geschweige denn sie durch eine_n Mitarbeiter_in täglich durchsehen zu lassen. Ansonsten gäbe es einen Traumjob: amtlich bestellte_r Zeitungsleser_in.

Für ein Druckwerk aber scheint die Polizei Geld zu haben: die Interim. Wobei ich mir nicht ausmalen möchte, welche Mühe die Beschaffung verursacht. Wird sie – ganz offiziell oder unter einer Tarnadresse – abonniert? Oder muss ein szenekundiger aber nicht szenebekannter Beamter sie regelmäßig persönlich im nächsten Infoladen kaufen? Den haushaltswirtschaftlichen Aufwand möchte ich mir gar nicht ausmalen. Bestimmt wid der Kaufpreis nur auf Antrag in dreifacher Ausfertigung erstattet oder wird bei der Dienststelle des Beamten eine extra Handgeldkasse geführt, die zuvor vom Senator für Inneres im Einvernehmen mit der Senatsfinanzverwaltung genehmigt werden musste.

Wie ich zu dieser Vermutung komme? In letzter Zeit bekommen einige "einschlägig bekannte" Infoläden und Buchhandlungen ungebetenen Besuch und müssen einen amtlich verursachten Schwund im Sortiment hinnehmen
, so auch heute Schwarze Risse oder oh*21 wegen der aktuellen Interim 718 (Rezension hier). Der Vorwurf lautet zumeist auf "Aufruf zu Straftaten" oder "Verstoß gegen das Waffengesetz". Letzteres ruft bei Laien bisweilen Kopfschütteln hervor, dieses wiederum selbiges bei einigen Jurist_innen. Warum wissen denn diese Nichtsahnenden nicht, dass der weise Gesetzgeber im Waffengesetz nebst wunderbar normenklar gegliederten Anlagen ein Verbot, zur Herstellung von Brand- oder Sprengvorrichtungen anzuleiten oder aufzufordern (§ 40 Abs. 1 WaffG iVm Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4), versteckt normiert hat?

Jetzt wird die eine oder andere alte Szene-Häsin vielleicht rufen: "Langweilig, kenn' wa doch von früher schon". Stimmt schon. Neu ist aber, dass die Staatsanwaltschaft jetzt versucht, gegen die Buchhändler_innen selbst vorzugehen. Bisher scheiterte deren Strafverfolgung daran, dass nach gefestigter Rechtsprechung, ein_e Buchhändler_in ihr/sein reichhaltiges Sortiment nicht auf strafbare Inhalte durchsehen könne (und daher auch nicht müsse). Deshalb fehle es ihr an der Tatherrschaft. Diese Rechtsprechung will die Staatsanwaltschaft anscheinend revidieren und strebt ein Pilotverfahren an (Quelle).

Übrigens: Wenn es kein Panikkauf kurz vor den Examensprüfungen ist, mit anderen Worten ein wenig Zeit ist, ein Buch nicht sofort im Laden zu erwerben, sondern es zu bestellen, kann mensch ja das kostspieligere Lehrbuch oder den dickeren Kommentar in einem der betroffenen Läden kaufen. Die sollen gerüchteweise Zugriff auf die üblichen Buchhandelskataloge haben (ISBN gibt es z. B. hier).

Bildet Banden Einkaufsgemeinschaften!